Martin Hoffmann
WWE-Legende Mick "Mankind" Foley blickt in einem Interview auf eine Karriere voller Schmerzen zurück. Ein Kampf in Deutschland kostete ihn das rechte Ohr.
Es war der vielleicht unwahrscheinlichste Aufstieg zum WWE-Topstar, den es je gab - aber er hatte auch einen hohen Preis.
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Michael Francis "Mick" Foley stieg in der Wrestling-Promotion zum dreimaligen Champion und Hall of Famer auf, obwohl er nie ein schillerndes Muskelpaket, sondern immer schon ein eher unförmiger Normalo mit Zottelbart war.
Den Weg nach oben ebnete dem Mann ausBloomington, Indiana sein außerordentliches Talent, mit seiner Darstellungskunst die Gefühle des Publikums zu entfesseln. Und sein Hang zu spektakulären, teils lebensmüde anmutenden Stunt-Einlagen, die ihm den Ruf als "Hardcore Legend" einbrachten.
In einem Interview mit Weggefährte und Ex-Tag-Team-Partner Stone Cold Steve Austin auf dem WWE Network blickt der heute 56-Jährige auf eine Karriere voller emotionaler und schmerzhafter Erlebnisse zurück, die oft bis heute spür- und sichtbare Langzeitfolgen hatten. Unter ihnen: der Verlust seines rechten Ohres bei einem Kampf in München.
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Mick Foley verlor 1994 bei WCW gegen Vader sein rechtes Ohr
Es war der 16. März 1994, Foley war auf einer Europatournee mit dem damaligen WWE-Rivalen World Championship Wrestling (WCW). In seiner Rolle alsin seiner Rolle als Cactus Jack (ursprünglich "Cactus Jack Manson", wegen seiner Ähnlichkeit mit Serienkiller Charles Manson) traf in der Olympiahalle auf Leon White alias Big Van Vader.
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Der 2018 verstorbene Vader - im deutschsprachigen Raum auch wegen seiner Matches als "Bull Power" gegen Big Otto Wanz in der CWA ein Szene-Idol - war für die reale Härte seiner Showfights bekannt, die teils ultrabrutalen Fights gegen den jungen Foley nährten seinen Ruf - Foley vergleicht sie in den "Broken Skull Sessions" mit Austin mit den Boxschlachten zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier.
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Das Duell in München erlange unfreiwillige Berühmtheit durch eine folgenschwere Panne: Foley vollzog einen so genannten "Hangman", eine choreographierte Einlage, bei der er sich bewusst in dem Kopf zwischen den Ringseilen verfing - ohne zu ahnen, dass diese an diesem Abend für den Stunt zu hart und zu eng gespannt waren.
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Foley verhedderte sich so heftig, dass sich beim Entkommen aus den Seilen seine rechte Ohrmuschel löste. In einem anschließenden Schlagduell löste Vader das äußere Ohr dann versehentlich ganz ab.
Der Vorfall hatte nicht nur körperliche Folgen: Weil WCW sich weigerte, auf Foleys Wunsch einzugehen, eine Story aus dem realen Unglück zu spinnen - wohl aus Sorge ums familienfreundliche Image - verließ Foley die Promotion. Er war zum Schluss gekommen, dass er sich seine Karriere dort verbauen würde.
Auch bei WWE Kampf gegen Widerstände
Foley - der an der Highschool mit Hollywood-Star Kevin James ("King of Queens") in derselben Ringermannschaft war - war als Wrestler getrieben bis besessen von der Sehnsucht, spektakuläre Momente zu schaffen. Er vergötterte den berühmten Käfigsprung von "Superfly" Jimmy Snuka im New Yorker Madison Square Garden, bei dem er als junger Fan im Publikum saß.
Nach seinem Abgang von WCW mehrte er bei der Kultliga ECW und in Japan seinen Ruf als Teufelskerl.
Berühmt-berüchtigt wurde vor allem sein "Exploding Barbed Wire Death Match" gegen seinen Freund Terry Funk in Japan (später bei WWE auch Partner als "Chainsaw Charlie") - bei dem die beiden mit Stacheldraht und echtem Sprengstoff hantierten. Foley handelte sich dabei unter anderem einen verkokelten Arm ein.
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Es waren jedoch nicht nur die denkwürdigen Stunts, sondern auch seine glänzenden schauspielerischen und rhetorischen Fähigkeiten, die Foley auszeichneten - und den damals für die Talentakquise der früheren WWF zuständigen Kommentator Jim Ross bewogen, sich bei Boss Vince McMahon für eine Verpflichtung Foleys einzusetzen.
McMahon offenbarte große Skepsis, die ins Hämische driftete: Foley berichtet bei Austin von ihm zugetragenen internen Gesprächen, dass McMahon darauf bestand, dass Foley sein Gesicht unter einer Maske verbergen müsste - und dass McMahon ihn letztlich nur verpflichtet hätte, um Ross eine Lektion zu erteilen. "Ich hole ihn, aber nur damit dir das Herz bricht, wenn du siehst, dass jemand, den du für so gut hältst, es nicht ist", sollen McMahons Worte gewesen sein.
Ein großer Irrtum.
Mankind, Cactus Jack, Dude Love
In seiner Rolle als psychopathischer Mankind etablierte sich Foley als Gegenspieler der damaligen Topstars Shawn Michaels und The Undertaker. Gekrönt wurde die Rivalität mit letzterem von dem unvergessenen Hell in a Cell Match bei der Veranstaltung King of the Ring 1998, bei der Foley gleich zweimal aus fünf Meter Höhe vom Käfigdach fiel. Foley bekräftigte im Gespräch mit Austin die Ansicht, dass der nach eigenen Angaben ungeplante Sturz Nummer 2 ihn nur durch glückliche Fügung nicht umbrachte.
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Ein anderer integraler Teil seiner Erfolgsgeschichte bei WWE war Foleys besondere Charakterentwicklung mit seinen Alter Egos "The Three Faces of Foley": Foley wechselte hin und her zwischen den Rollen als Mankind, Cactus Jack und Dude Love - einem Hippie-Charakter, den er als Teenager in einem Hobbyvideo verkörpert hatte, das McMahon so begeisterte, dass er ihn auch auf die WWE-Bühne brachte (Lesen Sie hier die unglaubliche Geschichte, wie ein realer Mordfall den Finisher von Mankind und The Fiend inspirierte).
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Foleys Evolution mündete in einer Neuerfindung der Mankind-Rolle als warmherziger und sympathisch-humorvoller Sonderling mit der Sprechpuppe "Mr. Socko". Und dem Aufstieg an die Spitze der Promotion, mitten im Boom der "Attitude Era".
Kongeniales Zusammenspiel mit Dwayne "The Rock" Johnson
In einem Anfang 1999 ausgestrahlten Match bei der TV-Show RAW besiegte Mankind den jungen Dwayne "The Rock" Johnson und wurde erstmals WWF-Champion. Dass Ex-Arbeitgeber WCW den umjubelten Moment zu hintertreiben versuchte, indem sie das Ergebnis des voraufgezeichneten Matches verriet, vergrößerte am Ende sogar noch die Märchenhaftigkeit: Der mit Spott garnierte Spoiler von WCW-Kommentator Tony Schiavone ("Now that'll put butts in the seat") brachte dem Match einen aus WCW-Sicht unfreiwilligen Zuschauerschub - und eine noch größere Welle der Sympathie für Foley.
Seine Popularität war damals so groß, dass seine (höchst lesenswerte) Autobiografie "Have a nice day" Platz 1 der Bestsellerliste der New York Times erreichte und ihm eine Zweitkarriere als Schriftsteller ermöglichte, der auch diverse Romane und Kinderbücher verfasste.
Foley wurde noch zweimal Champ und setzte die erfolgreiche Kooperation mit dem heutigen Hollywood-Superstar The Rock später im kultisch verehrten Tag Team "The Rock & Sock Connection" fort - die auch offensichtliches Vorbild für das ähnlich ungleiche Duo "RK-Bro" ist.
The Titan Games: Die neue Show mit Dwayne "The Rock" Johnson - ab Donnerstag, 20.15 Uhr im TV auf SPORT1
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Doch schon knapp ein Jahr nach seinem Höhepunkt beendete Foley nach einer letzten großen Fehde gegen Triple H im für einen Wrestler recht jungen Alter von 34 Jahren seine Vollzeitkarriere. Er begann damals schon beängstigende Folgeschäden seiner wilden Einlagen zu spüren - unter anderem auch Koordinations- und Gedächtnisprobleme.
Foley kam noch einige Male für vereinzelte Matches zurück (Highlights: die Duelle gegen Randy Orton bei Backlash 2004 und gegen Edge bei WrestleMania 22 im Jahr 2006), nach einem letzten nostalgischen Kurzauftritt beim Royal Rumble 2012 war endgültig Schluss.
Mick Foley hat dringenden Rat an WWE-Erben
Foley, 2013 von Terry Funk in die Ruhmeshalle eingeführt, ist heute unter anderem als Stand-up-Geschichtenerzähler aktiv, er blieb WWE auch mit Projekten wie der Realityserie "Holy Foley" verbunden, in der auch seine Tochter Noelle Foley auftauchte, eine erfolgreiche Social-Media-Influencerin mit mehr als einer Million Instagram-Followern.
Im Gespräch mit Austin macht Foley keinen Hehl daraus, dass seine Ringkarriere seine Labensqualität nachhaltig beeinträchtigt hat: "Meine Gehprobleme, meine Knie, mein Kreuz erinnern mich daran, wer ich mal war."
Auf die Frage, ob sein Erfolg ihm den Preis wert war, bejaht Foley dennoch, wenngleich mit der Einschränkung: "Ich weiß nicht, wie meine Antwort in 20 Jahren ausfällt." Zuletzt etwa hätte ihn die ALS-Tragödie um Ex-Wrestler und NFL-Star Steve McMichael schwer erschüttert.
An die vielen Wrestler, die ihm nacheifern, hat Foley heute vor allem einen Rat: "Macht nicht die Fehler, die ich gemacht habe - vor allem nicht den, nicht zuzugeben, wenn ihr Schmerzen habt. Wir dachten damals, dass wir harte, starke Burschen sind, wenn wir Schmerzen verheimlichen. In Wahrheit erfordert das Zugeben von Schmerz viel mehr Stärke."